Sommerblumen: Roman by Helga Johanna Müller

Autor:Helga Johanna Müller [Müller, Helga Johanna]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Klassiker, Historische Romane, Belletristik, Dramatik
ISBN: 9783837212549
Google: IEI2mwEACAAJ
Herausgeber: August-von-Goethe-Literaturverl.
veröffentlicht: 2014-12-28T00:00:00+00:00

„Was geschieht nun mit Norbert?“

„Er wurde einberufen, ohne dass er noch einmal nach Hause kommen durfte. Adelheid ist völlig verzweifelt.“

„Und Antonia, seine Frau?“

Gabriele zuckt die Achseln. „Ihr Vater, dieser Merkhoff, distanzierte sich eiligst von seinem Schwiegersohn und dessen Familie – und Antonia beugte sich dem, wie es den Anschein hat.“

„Armer Norbert!“

Gabriele legt einen Arm um meine Schultern. „So ist’s recht, Judith! Ich mochte Norbert früher nie besonders leiden, aber auch mir tut er nunmehr sehr leid.“

„Er wird diese … ‚Einberufung‘ nicht überleben, nicht wahr?“

„Niemand weiß, ob er überlebt“, antwortet Gabriele mir ausweichend. Dann setzt sie leise hinzu: „Ich bedaure Adelheid unendlich!“

„Ist Norbert im Westen?“

„Nein! Er wurde an die Ostfront beordert, wo jetzt erbitterte Kämpfe um Warschau toben. Polnische Widerstandskämpfer scheinen der deutschen Wehrmacht das Leben dort recht sauer zu machen.“

Zögernd frage ich nach einem Augenblick des Schweigens: „Glaubst du, dass … nun ja, dass Adelheid mich sehen will, dass ich zu ihr gehen sollte?“

Gabriele schüttelt traurig den Kopf. „Nein, das glaube ich nicht! Sie will im Grunde genommen niemanden sehen, auch mich nicht. Du musst Geduld haben. Es gibt eben Menschen, die im Leid einsam sein wollen, die sich in sich selbst zurückziehen, wie Schnecken in ihr Gehäuse.“

Als ich nach der Striegelbürste greifen will, nimmt Gabriele mir diese fort. „Das erlaube ich dir nicht, Judith! Es ist zu anstrengend.“

„Aber Dr. Brandt ist absolut nicht fürs Verhätscheln“, gebe ich eigensinnig zurück.

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